Veterinärmedizinisches Protokoll für eine Blockade der Harnwege bei Katzen

Der Begriff FLUTD (Feline Lower Urinary Tract Disease) umfasst eine Vielzahl von Beschwerden der Harnblase und der Harnröhre bei Katzen. Bei 18 % bis 58 % der Katzen mit FLUTD kommt es zu einer Harnröhrenobstruktion.1

Eine Harnröhrenobstruktion bei Katzen ist ein lebensbedrohlicher, aber behandelbarer Notfall, der in der tierärztlichen Praxis häufig auftritt. Bei angemessener Behandlung besteht eine vielversprechende Überlebenschance – laut einer Studie beträgt diese mehr als 90 %.2

Prädisponierende Faktoren

Kater sind häufiger von obstruktiven Erkrankungen betroffen als weibliche Katzen. Die höhere Inzidenz von Blockaden der Harnwege bei Katern ist hauptsächlich auf anatomische Unterschiede zurückzuführen, und zwar auf die längere und engere Harnröhre bei den Männchen im Vergleich zu den Weibchen.

Die FLUTD, einschließlich obstruktiver Erkrankungen, tritt am häufigsten bei jungen bis mittelalten Katzen auf. Zu den weiteren prädisponierenden Faktoren gehören Stress, ein weniger aktiver oder ein rein häuslicher Lebensstil, Übergewicht und eine überwiegende Fütterung von Trockenfutter.

Anamnese und körperliche Untersuchung

Katzen mit obstruktiver FLUTD sind zum Zeitpunkt der Untersuchung in der Regel schwerer erkrankt als Katzen mit der nicht-obstruktiven Form. Die klinischen Symptome sind in Tabelle 1 zusammengefasst.

Nicht-obstruktive FLUTD

Dysurie

Hämaturie

Pollakisurie

Periurie

Strangurie

Lecken des Dammes und/oder des Bauchbereichs

Obstruktive FLUTD

Strangurie

Anurie

Lethargie

Erbrechen

Appetitlosigkeit

Lecken des Dammes und/oder des Bauchbereichs

Tabelle 1: Klinische Symptome der FLUTD

Bei der körperlichen Untersuchung einer Katze mit Harnwegsobstruktion zeigt sich in der Regel eine vergrößerte, schmerzhafte Blase, die nicht entleert werden kann. Strangurie gehört zu den häufigsten klinischen Symptomen einer Harnwegsobstruktion und wird von Besitzern oft fälschlicherweise mit einer Verstopfung oder Stuhlzwang verwechselt. Es ist daher wichtig, eine vollständige Anamnese zu erheben und eine klinische Untersuchung durchzuführen, um zu klären, ob die Blase leer oder voll ist. Eine volle Blase und Anzeichen einer Harnwegsobstruktion bei Katzen erfordern eine sofortige medizinische Behandlung, da es sich um einen Notfall handelt.

Neben der Beurteilung der Blasengröße sollte eine vollständige körperliche Untersuchung durchgeführt werden, die auch die Überprüfung auf Anzeichen einer Hypovolämie (Herzfrequenz, Pulsqualität und Blutdruck) einschließt.

Diagnose

Aufgrund der Notfallsituation der obstruktiven FLUTD werden Diagnose, Stabilisierung und Behandlung in der Regel gleichzeitig durchgeführt. Die Diagnose sollte folgende Aspekte umfassen:

• Notfalldatenbank-Blutprofil

• Elektrokardiogramm

• Urinanalyse

• Röntgen

Blutuntersuchungen

Bei allen Katzen mit obstruktiver FLUTD sollten vollständige Blutprofile erstellt werden, da häufig Dehydratation, Elektrolytstörungen und Störungen des Säure-Basen-Haushalts auftreten.

Eine erste Notfalldatenbank sollte mindestens folgende Parameter beinhalten:

• Hämatokrit (HKT) und Gesamteiweiß (GEW)

• Harnstoff und Kreatinin

• Serumelektrolyte

• Status des Säure-Basen-Haushalts, falls verfügbar

Die obstruktive FLUTD kann entweder zu einer renalen oder einer postrenalen Azotämie führen. In den meisten Fällen wird sich die Azotämie mit der Verabreichung von intravenösen Flüssigkeiten zusammen mit dem Beheben der Obstruktion normalisieren.

Eine weitere schwerwiegende Folge von obstruktiver FLUTD ist die Hyperkaliämie; sie verursacht aufgrund ihrer Auswirkungen auf die Herzleitung eine Bradykardie und Herzrhythmusstörungen. Eine Hyperkaliämie kann somit lebensbedrohlich sein und muss umgehend behandelt werden.

Bei Katzen mit Bradykardie oder Herzrhythmusstörung muss besonders darauf geachtet werden, den Serum-Kaliumspiegel zu überprüfen und etwaige Störungen zu beheben, bevor eine Sedierung oder Narkose eingeleitet wird.

Urinanalyse

Eine vollständige Urinanalyse sollte durchgeführt werden, um die zugrunde liegende Ursache der Obstruktion zu ermitteln, die Behandlung gezielt anzupassen und das Risiko eines erneuten Auftretens zu verringern. Dazu gehören die Bestimmung des urinspezifischen Gewichts, ein Urinteststreifen, eine Sedimentanalyse und eine Bakterienkultur-Untersuchung.

Die Probenentnahme sollte bei der Erstuntersuchung und während der Stabilisierung erfolgen, wobei die Notfallversorgung wichtiger ist als eine sofortige vollständige Urinanalyse.

Tomografie

Bei allen Fällen von obstruktiver FLUTD sollte eine Röntgenübersichtsaufnahme oder eine Ultraschalluntersuchung durchgeführt werden, um Ursachen wie Urolithiasis oder Neoplasien auszuschließen.

Stabilisierung

Die erste Notfallstabilisierung umfasst in der Regel eine Kombination aus intravenöser Flüssigkeitstherapie und dem Beheben der Harnwegsobstruktion.

Flüssigkeitstherapie

Für die Flüssigkeitstherapie sollten isotonische kristalloide Lösungen verwendet werden, wobei die Auswahl der intravenösen Flüssigkeit zum Teil an den Gesundheitszustand des jeweiligen Patienten angepasst werden sollte. Manche Tierärzte empfehlen, auf kaliumhaltige Flüssigkeiten (wie die Hartmann-Lösung) zu verzichten, wenn bei der Katze eine Hyperkaliämie vorliegt – stattdessen sollte 0,9 % Natriumchlorid verwendet werden. Die Behandlung der Hypovolämie und das Beheben der Harnwegsobstruktion könnten in der klinischen Praxis jedoch oft wichtiger sein als die Wahl einer kaliumfreien Infusionslösung.

Zusätzliche Behandlungsmaßnahmen bei Hyperkaliämie

  • In Fällen mit deutlich erhöhtem Kaliumspiegel sollten neben der intravenösen Flüssigkeitstherapie zusätzliche Behandlungsmaßnahmen in Betracht gezogen werden:
  • Calciumgluconat: Calciumgluconat wirkt schnell, um die kardiotoxischen Folgen einer Hyperkaliämie zu verhindern, indem es die Schwelle des Aktionspotentials der Zellmembran der Herzmuskelzellen verändert. Calciumgluconat hat keinen Einfluss auf den Serum-Kaliumspiegel, und seine schützende Wirkung hält etwa 20 Minuten an, was bedeutet, dass parallel weitere Behandlungsmaßnahmen eingeleitet werden müssen.3
  • Intravenöse Dextrose: Die Verabreichung von Glukose regt die körpereigene Insulinproduktion an, wodurch eine intrazelluläre Kaliumverschiebung gefördert wird. Die Wirkung des körpereigenen Insulins könnte jedoch begrenzt sein, weshalb zusätzlich zur Dextrose intravenöses Insulin notwendig sein könnte, um die Hyperkaliämie zu behandeln. Der Blutzucker- und Kaliumspiegel sollte kontinuierlich überwacht werden.
  • Bicarbonat: Bei Fällen von schwerer Hyperkaliämie wird eine Bicarbonat-Behandlung empfohlen, wenn der Patient azidotisch ist, wobei eine sorgfältige Überwachung notwendig ist, um Nebenwirkungen zu verhindern. Bicarbonat sollte nur dann verabreicht werden, wenn eine Überwachung der Blutgase möglich ist.

Therapeutische Zystozentese

Wenn eine Notfalldekompression der Blase der Katze erforderlich ist und das Einführen eines Harnkatheters schwierig ist, kann eine therapeutische Zystozentese angewendet werden, um eine sofortige Linderung herbeizuführen. Dabei sollte eine Nadel mit kleinem Durchmesser (25-Gauge-Kanüle oder Butterfly-Kanüle) verwendet werden, die an einem Verlängerungssatz befestigt ist. Der Eingriff birgt das Risiko eines Einrisses der Blasenwand, insbesondere bei überdehnter Blase, und sollte daher nur dann durchgeführt werden, wenn es unbedingt notwendig ist.

Zu den Vorteilen gehören:

• Schnelles Beheben der Blasenüberdehnung

• Erhöhung der glomerulären Filtrationsrate

• Senkung des Blasendrucks, was die Katheterisierung der Harnröhre erleichtern kann

• Entnahme einer sterilen Urinprobe für die Urinanalyse

Behandlung der Harnwegsobstruktion bei Katzen

Dieser lebensbedrohliche Zustand wird schließlich durch das Beheben der Harnwegsobstruktion behandelt, was bei der Behandlung der Blockade der Harnwege bei Katzen Priorität haben muss.

Eine Harnröhrenobstruktion ist ein sehr schmerzhafter Zustand, und daher sollte bei der ersten Gelegenheit ein Analgetikum verabreicht werden. Bei allen Katzen, außer den stark betäubten, ist auch eine Sedierung oder Narkose erforderlich. In vielen Fällen ist die Anästhesie der Sedierung vorzuziehen, da sie eine bessere Entspannung der Harnröhre gewährleistet und somit das Einführen des Katheters erleichtert. In der Literatur werden viele verschiedene Protokolle zur Analgesie, Sedierung und Anästhesie diskutiert, aber es würde den Rahmen dieses Artikels sprengen, diese zu behandeln.

Das geeignete Anästhesieverfahren sollte vom behandelnden Tierarzt nach einer gründlichen Untersuchung des Patienten und der ersten Stabilisierung bestimmt werden.

Nachdem die Penisspitze auf Harnröhrenpfropfen untersucht wurde, sollte der Katheter mit Gleitgel versehen und vorsichtig in die Harnröhrenspitze eingeführt werden. Das Spülen mit warmer steriler Kochsalzlösung ermöglicht ein sanftes Weiterführen des Katheters. Um die Harnröhre durchgängig zu machen, kann eine wiederholte Spülung erforderlich sein. Geduld ist hierbei wichtig und die Anwendung von Gewalt sollte vermieden werden, um das Risiko eines Harnröhrentraumas zu verringern. Weitere Tipps finden Sie in unserem Artikel Einführen eines Harnkatheters bei Katzen

Sobald die Obstruktion behoben wurde, sollte die Blase entleert und mit warmer steriler Kochsalzlösung gespült werden, um Ablagerungen und Entzündungsmediatoren zu entfernen.

Nachsorge

Ein Verweilkatheter ist nicht in allen Fällen von obstruktiver FLUTD der Katze erforderlich und sollte nach Möglichkeit vermieden werden.

Beim Entscheidungsprozess sollten folgende Faktoren berücksichtigt werden:

• Leichtigkeit, mit der der Harnkatheter eingeführt werden konnte

• Blasengröße zum Zeitpunkt der Untersuchung

• Vorliegen einer systemischen Erkrankung

• Vorhandensein einer starken Hämaturie4

Katzen mit systemischen Erkrankungen benötigen wahrscheinlich eine intensive Pflege, aber bei entsprechender kontinuierlicher Betreuung und Überwachung sind die Genesungsraten gut.

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